Das Überleben von Arthur und Eugenie Samuel in der Nazizeit in Cadenberge ist in der Art und Weise des Geschehens einzigartig; es könnte möglicherweise zugleich als eines der sehr seltenen Beispiele eines jüdischen oder gemischten Paares angesehen werden, das in der eigenen Gemeinde diese Zeit überlebt hat, wenn auch unter sehr belastenden Bedingungen. Wie in den vorherigen Kapiteln beschrieben, bietet das Leben der Samuels einen ergreifenden Kontrast gegen den entsetzlichen und eskalierenden Horror, den der Großteil der jüdischen Gemeinden von 1933 bis 1945 und sogar darüber hinaus erleiden musste.

Dieses Kapitel soll denjenigen helfen, die die Geschichte und die Lehren des Holocaust, wie sie in Museen unterschiedlicher Art, in Gedenkstätten, in den damaligen Wohnstraßen der Opfer und heute auch im Internet präsentiert werden, weiter erforschen möchten.

Dabei scheint es uns besonders wichtig, dass in diesen Berichten und Dokumentationen auch der Mut und die Stärke hervorgehoben werden, die einem kleinen Prozentsatz der europäischen jüdischen Vorkriegsgemeinschaft zum Überleben verholfen hat.

Blumenmalerei von Else Voss. Sie war die Tochter von Emilie, einer älteren Schwester von Arthur. Emilie, die Großmutter von Henry Irwig, konnte dem Holocaust entkommen, indem sie nach Südafrika floh. Else hingegen wurde in Auschwitz ermordet.
(Foto: Privat)

KZ-Gedenkstätten:

Viele der ehemaligen Konzentrationslager in Deutschland und Osteuropa wurden umgewidmet und als Museen erhalten. Die inhaltliche Arbeit dort konzentriert sich im Allgemeinen auf die Traumata, die mit den Transporten von Juden und anderen in die Lager verbunden waren; und auf die Schrecken, die sie dort erlebten und die Befreiung der wenigen, die überleben konnten. Fast 80 Jahre nach der Befreiung der Lager werden die Gedenkstätten weiterhin von vielen Besuchergruppen aus der ganzen Welt aufgesucht; darunter auch Kinder und Jugendliche aus anderen europäischen Ländern, die kommen, um die Getöteten zu ehren und selber vor den Gefahren zu warnen, die durch die Unterwürfigkeit gegenüber Diktaturen drohen.

Andere jüdische Museen:

Drei Museen sind weltweit von besonderer Bedeutung; eines in Berlin, Deutschland, ein weiteres in Jerusalem, Israel und ein drittes in Washington/DC in den USA. In vielerlei Hinsicht ähneln sich die Ziele dieser Museen, weil sie sich im Kern mit dem Thema der Verhinderung von Verfolgung und Völkermord in der Zukunft beschäftigen.

Jüdisches Museum Berlin 

Vielleicht ist das „Markenzeichen“ dieses Museums die bedeutende Ausstellung, die sich auf die Geschichte der Juden in Deutschland vom Mittelalter bis zur Gegenwart konzentriert. Das Museum befindet sich im Herzen Berlins, im Stadtteil Kreuzberg, unweit des Checkpoint Charlie und der ehemaligen Berliner Mauer. Es wurde im Jahr 2001 nach der Fertigstellung des denkmalgeschützten Gebäudes vom preisgekrönten Architekten Daniel Libeskind, dem Sohn von Holocaust-Überlebenden, eröffnet.

Holocaust-Museum der Vereinigten Staaten –
In den USA, wo sich viele Flüchtlinge aus dem Holocaust niederließen, gibt es sehr viele Gedenkstätten. Von besonderer Bedeutung ist die Einrichtung in Washington/DC, die 1993 eröffnet wurde. Das Museum beherbergt ein unvergleichliches Depot von Holocaust-Artefakten und Beweisen, in denen Schicksale von Opfern, Überlebenden, Rettern, Befreiern und anderen Beteiligten aufgezeichnet sind. Das Holocaust-Museum befindet sich im Herzen der Hauptstadt der USA, in der Nähe der National Mall, um die sich viele berühmte Museen gruppieren und nur unweit des Washington Monuments.

Yad Vashem Gedenkzentrum –
Das Yad Vashem ist Israels offizielles Denkmal für die Opfer des Holocaust. Es widmet sich der Bewahrung der Erinnerung an die ermordeten Juden und der Ehrung sowohl der Juden, die gegen ihre Nazi-Unterdrücker kämpften, als auch derjenigen anderen Glaubens, die selbstlos Juden in Not halfen. Der im Jahr 1953 gegründete Yad Vashem-Komplex befindet sich in Jerusalem, der Heiligen Stadt, am Westhang des Berges Herzl, auch bekannt als der Berg der Erinnerung.

Holocaust-Gedenkstätten:

In der gesamten westlichen Welt wurden Gedenkstätten zum Gedenken an diejenigen geschaffen, die im Holocaust ermordet wurden. Ihre Gestaltung ist unterschiedlich – vom Monumentalen über das Ehrgeizige bis hin zu einem eher „persönlich“ gestalteten Konzept.

Holocaust-Gedenkstätte in Berlin.
(Quelle: pixabay)

Monumental… Berlins Denkmal für die ermordeten Juden Europas –

Es ist unmöglich zu übersehen: Das „Stelenfeld“ mit mehr als 2.500 geometrisch angeordneten Betonpfeilern erstreckt sich über fast fünf Hektar zwischen dem Brandenburger Tor und dem neu errichteten Potsdamer Platz. Das Denkmal ermöglicht es den BesucherInnen, von allen vier Seiten einzutreten und durch das ungleichmäßig abfallende Feld zu gehen. Das „Wandern“ zwischen den unterschiedlich großen Stelen ist absichtlich verwirrend, um das Gefühl der Verlassenheit hervorzurufen, das die jüdische Gemeinschaft während der Nazizeit empfand. Das angrenzende unterirdische Museum enthält persönlichere Details wie die Namen aller bekannten jüdischen Holocaust-Opfer und ausgewählte Geschichten ihrer Deportationswege.

New England Holocaust Memorial in Boston/USA; erbaut unter der Beteiligung des Großneffen von Arthur Samuel, Henry Irwig.
(Quelle: Stanley Saitowitz/Natoma Architects. Wir bedanken uns herzlich.)

Ehrgeizig . . . Holocaust-Mahnmal Neuengland –

In scharfem Kontrast zum Berliner Stelenfeld steht die Architektur des New England Holocaust Memorial mit seiner einzigartigen Reihe von sechs Glastürmen. Sie befinden sich in einem sehr schmalen Landstreifen im historischen Kern von Boston, möglicherweise der am meisten verehrten Stadt der USA. Angrenzend an Bostons historischen Freedom Trail und gegenüber der architektonisch berühmten Boston City Hall stehen die Glastürme als Leuchttürme der Hoffnung, während sie über dunklen Gruben der Verzweiflung ruhen, die die sechs Todeslager in Polen symbolisieren. Entworfen wurde das Mahnmal vom Gewinner eines großen internationalen Wettbewerbs, dem Architekten Stanley Saitowitz. Und errichtet wurde es unter der Aufsicht des Großneffen von Arthur Samuel, Henry Irwig.

Persönlich… Stolpersteine –

Man bemerkt vielleicht nicht, dass diese Denkmäler durch deutsche Städte laufen. Die Stolpersteine sind kleine Messingtafeln, die zwischen dem Kopfsteinpflaster von Bürgersteigen und Fußwegen angebracht sind und sich normalerweise sehr nahe an den Eingängen von Gebäuden befinden, die in früherer Zeit von einzelnen Opfern des Holocaust bewohnt wurden. Das Stolperstein-Projekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig würdigt jeden dieser Menschen persönlich, zeigt seinen Namen und gibt eine kurze Beschreibung seines Schicksals. Mittlerweile gibt es in Deutschland – wie auch in vielen anderen europäischen Städten – viele tausend Stolpersteine und in Hüls, dem Geburtsort von Arthur Samuel, gibt es zwei. Einen für jeden seiner Neffen, die die Strapazen der Gefangenschaft und die Grausamkeit der Nazi-Schergen überlebt haben.

Das Internet – Überlebende und Retter:

Während die Erfassung und Verankerung der Geschichte in Museen und Gedenkstätten sehr wichtig ist, ist es mindestens ebenso wichtig, die Philosophie und Lebensweise derjenigen zu verstehen, die die Leiden der Nazi-Zeit überlebt oder die geholfen haben, sie zu überleben. Das Internet bietet einfachen Zugang zu den Erzählungen der Erfahrungen von Überlebenden aus erster Hand und zu Berichten über die Tapferkeit derer, die viel riskierten, um ihre jüdischen Nachbarn zu schützen.

Retter . . .

Der Mut der Retter wird vielleicht am besten in den Archiven des Yad Vashem Remembrance Center festgehalten, die sie als „Die Gerechten unter den Völkern“ geehrt haben. Besonders hervorzuheben sind die fast 500 so anerkannten deutschen Staatsangehörigen, deren Tapferkeit unter ihrem Namen in der ersten Internetadresse unten aufgeführt ist. Weitere Informationen zum Archiv finden Sie unter der zweiten Internetadresse, unter der auch die Geschichten der berühmten Francis Foley, Oskar Schindler, Chiune Sugihara und Raoul Wallenberg zu finden sind.

Und dann sollen auch noch die nicht so berühmten oder geehrten Personen erwähnt werden, deren selbstloses Handeln über die Jahre in Vergessenheit geraten ist und deren Namen nicht in Gedenkstätten verankert oder im Internet dokumentiert sind.

Beispielhaft wird mit dieser Webseite denjenigen in Cadenberge gedacht, die Arthur und Eugenie in den dunklen Jahren der 1930er und 1940er Jahre stillschweigend Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stellten.

Hinterbliebene . . .

Der Mut der Überlebenden findet sich auf vielen Seiten des Internets. Die wohl umfassendsten Quellen für audiovisuelle Materialien sind jedoch die Archive des Holocaust-Museums der Vereinigten Staaten und auch in Yad Vashem. Beide bieten Datenbanken, auf die mit den folgenden Internet-Links zugegriffen werden kann.

In den dortigen Einträgen ist die Zahl der Zeugenaussagen, die gemacht werden, um Versprechen gegenüber ermordeten Familienmitgliedern zu erfüllen, besonders auffällig.

Dabei wird immer wieder die besondere Bedeutung betont, keinen Hass zu hegen, sondern zukunftsorientiert zu leben. Diese beiden Eigenschaften charakterisieren auch das Leben von Arthur Samuel. Es sind vielleicht diese beiden Konzepte, die am wichtigsten sind, um sicherzustellen, dass die Schrecken der Nazizeit nicht vergessen und vor allem nicht wiederholt werden.

Und so wird durch diese Webseite eine weitere Reihe von Erinnerungen bewahrt, die von Arthur und Eugenie Samuel und ihren MitbürgerInnen in der kleinen Gemeinde Cadenberge in Niedersachsen erzählen.

Unser Projekt ist das Ergebnis eines glücklichen Zufalls, der zwei engagierte deutsche Brüder aus dieser Ortschaft in Kontakt gebracht hat mit einem amerikanischen Kollegen. Zu dritt haben sie die Initiative zu dieser Website ergriffen. Und eine ihrer stärksten Verbindungen war, dass sie alle drei in unterschiedlichen Phasen ihres Lebens die Menschlichkeit des einsamen Juden, der die Nazizeit in Cadenberge überlebte, direkt erlebt haben.

Wir kannten Arthur Samuel.