06.Januar 2023

Deutsch-amerikanisches Autoren-Trio präsentiert im Internet Regionalgeschichte an der Niederelbe
“Auf den Spuren von Arthur und Eugenie Samuel“ – Wie ein Jude in Cadenberge die Nazizeit überlebte –

www.arthur-samuel.de

Ein besonderes regionalgeschichtliches Projekt gegen Diskriminierung, Hass und Antisemitismus haben dieser Tage drei engagierte, ältere Mitbürger vorgestellt, die sich mit der Lebens- und Leidensgeschichte eines Juden und seiner Ehefrau während der Nazizeit in der Gemeinde Cadenberge im Landkreis Cuxhaven beschäftigen. „Auf den Spuren von Arthur und Eugenie Samuel“ ist die Zusammenstellung von Texten, Dokumenten, Fotos und Grafiken überschrieben, die ab sofort als Internet-Präsentation unter der Adresse

www.arthur-samuel.de

aufgerufen werden kann.

Bereits vor Jahren hatten die Brüder Dietmar (73) und Rüdiger (Rudi) Zimmeck (69) Kindheitserinnerungen an einen Nachbarn in ihrer Heimatgemeinde zum Anlass genommen, sich intensiver mit dieser Zeit zu beschäftigen. Nach ersten Veröffentlichungen in der Regionalpresse und im NDR führte ein Zufall die beiden „Hobbyhistoriker“ in Kontakt zu Henry Irwig (79), einem heute in Boston/USA lebenden Großneffen von Arthur Samuel. Schon mit den ersten Mailkontakten und in den dann regelmäßig stattfindenden Videokonferenzen reifte ein Plan: Die vielfältigen regionalen Informationen und Erkenntnisse sollten in den Zusammenhang mit dem Wissen über die Familiengeschichte und die damit verbundenen persönlichen Daten und Unterlagen gebracht werden.

Zur zentralen Aufgabenstellung wählte sich das neue Autorenteam die Erörterung der Frage: Wie konnte es gelingen, als Jude die grausame Zeit des Hitlerfaschismus in einem Dorf an der Niederelbe zu überleben? Gab es Lücken in der Vernichtungsmaschinerie der Nazis, konnte man sich dem Kontrollsystem von Gestapo und SS entziehen, wie wirkungsvoll waren die Hilfsaktionen von Freunden und in der Nachbarschaft oder hatte das Ehepaar „einfach nur Glück gehabt“?

Seit dem Herbst des Jahres 2021 wurden mit Unterstützung des örtlichen Bürgermeisters, des Ortsheimatpflegers sowie von Zeitzeugen, Archivaren, Bibliotheken und besonders auch durch private Recherchen Informationen gesammelt und im kritischen Dialog quer über den Ozean gesichtet und ausgewertet.
Das Ergebnis liegt nun in Form einer Zusammenstellung in 12 Kapiteln im Internet vor.

Dazu gehört auch diese bittere Tatsache: Vor der Machtübernahme der Nazis 1933 hatte Arthur Samuel sieben Geschwister. Am Ende des zweiten Weltkrieges lebten nur noch er und eine ältere Schwester. Auch wurde ein größerer Teil seiner Neffen und Nichten Opfer von Verfolgung, Deportation und Ermordung.

“Wir legen keine streng wissenschaftliche Arbeit vor, sondern eine Sammlung von Fakten, zeithistorischen Momentaufnahmen, Erinnerungen, familiären Aspekten und persönlichen Interpretationen über das Leben der Samuels in der Hitler-Diktatur“, heißt es in einer Stellungnahme der Autoren. „Nicht zuletzt die wieder zunehmenden Angriffe gegen jüdische Einrichtungen und andere antisemitisch motivierte Übergriffe und Straftaten sollten für alle Demokraten ein Anlass sein, verstärkt über das jüdische Leben, die Kultur und die Religion zu informieren und für Akzeptanz, Toleranz und friedliches Miteinander und gegen Hass und Hetze zu werben. Und so verstehen wir unsere Arbeit auch im Sinne der erst unlängst vorgestellten neuen ‚Nationalen Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung von Antisemitismus als Prävention gegen Judenhass’.

Einem mutigen Beschluss des Cadenberger Gemeinderats in frühen Jahren ist es zu verdanken, dass der Grabstein von Arthur und Eugenie Samuel noch heute auf dem Friedhof der Gemeinde aufgestellt ist.

Das Internetprojekt soll in Cadenberge fortgeschrieben werden; besonders auch in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, in der die Ehrung von Arthur Samuel durch eine Straßenbenennung geplant ist; und in Zusammenarbeit mit der Schule am Dobrock.

Die Autoren abschließend: „Die Spurensuche geht weiter. Und sie ist längst nicht mehr nur eine Geschichtsarbeit, sondern für uns persönlich inzwischen fast zu einem deutsch-amerikanischen Freundschaftsprojekt geworden!“

Die Erstellung der Website wurde durch einzelne namhafte Spenden sowie durch den Verzicht auf die Erstattung von Kosten für Rechercheaufwendungen und Honorarleistungen finanziert.